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Freitag, 26. August 2016

Tangermünde - Missverständnisse

geschrieben am 25. August 2016
geschehen   am   5. August 2016


Am frühen Abend, schon etwas müde, erreichte ich Tangermünde. Die Pastorin der Kirchengemeinde Bröckel hatte für mich in der Sankt Stephan Gemeinde eine Übernachtung vereinbart. 


Ein Blick in die Historie


Tangermünde um 1650
St. Stephan nach dem großen Brand 
von 1617 noch ohne Turmspitze
Die Hansestadt Tangermünde, liegt im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt auf einer Hochfläche an der Mündung des Tangers in die Elbe und hat bis in die heutige Zeit sein mittelalterliches Stadtbild erhalten können. Der Mündung des Tangers in die Elbe verdankt die Stadt auch ihren Namen. Durch diese exponierte Lage ist die Altstadt von Tangermünde vor Überflutungen sicher. Die Burg Tangermünde, die noch weitestgehend erhalten ist, wurde 1009 zu ersten Mal als „civitate Tongeremuthi“ erwähnt. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entwickelte sich der Marktflecken zur Stadt und so datiert ihre erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1275.
Knapp 100 Jahre später, nachdem er durch den Vertrag von Fürstenwalde die volle Verfügungsgewalt über die Mark Brandenburg erhalten hatte, zog Karl IV, bömischer König und damaliger deutscher Kaiser, mit großem Gefolge in die Burg Tangermünde und gründete hier seine Kaiserpfalz. Tangermünde sollte zur Hauptstadt der mittleren Provinzen aufsteigen. Dies hoffte er unter anderen durch gewinnbringende Beziehungen über den Städtischen Bund der Hanse zu erreichen. 

Das Elbtor von Tangermünde,
links der Turm von St. Stephan
Foto, Doris Antony

Dieses großen Ziel erreichte der deutsche Kaiser nicht mehr. Er starb 1378 und sein Sohn Sigismund hatte wenig Interesse an der Weiterführung der Geschäfte und Politik seines Vaters.







Zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert erlebte Tangermünde seine Blütezeit. In dieser Epoche entstanden große und prächtige Backsteinbauten, wie das Rathaus und die Stadttore.


Rathaus von Tangemünde, Backsteingothik.
Foto, Varus111
Bekannt wurde Tangermünde durch das traurige Schicksal der Margarete von Minden, genannt Grete Minde. Unter schwerer Folter gestand die junge Frau, die Verantwortliche für den großen Brand von 1617 gewesen zu sein, der zweidrittel der Stadt in Schutt und Asche gelegt hatte. Sie habe auf Grund von Erb- und Liebesstreitigkeiten aus Rache gehandelt. Grete Minde wurde, ihrem erzwungenen Geständnis zur Folge und nach erneuter grausamer Folter 1619 auf dem Scheiterhaufen verbrand. 

1879 schrieb Theodor Fontane seine Novelle "Grete Minde". Sie erschien 1880 mit großem Erfolg. Die kurz darauf in Tangermünde vorliegenden neuen Erkenntnisse, die Intrigen und einen Justizmord offenbarten, hatten darauf keinen Einfluss. 

Trotz der Industrialisierung, die überwiegend im Norden der Stadt bauliche Veränderungen mit sich brachte, gelang es Tangermünde, ähnlich wie Gardelegen, nicht an seine Blütezeit anzuknüpfen. 

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt weitestgehend von Schäden verschont. Zu DDR Zeiten litt zwar die Bausubstanz doch blieb die Altstadt erhalten. Nach der Wende wurde Tangermünde dann schrittweise restauriert.

Tangermünde bei Nacht,
Foto, Stefan Lehnich




Meine Erlebnisse

Gegen 18:30Uhr, eine Stunde früher als von mir angenommen, kam ich dann in Tangermünde an. Das Navi hatte ich auf den Pfarrhof programiert und so lotzte es mich in die mit Fachwerk bestandene Altstadt, zu einem mit Pollern abgesperrten, stark abschüssigen Weg, in den ich unbedingt einbiegen sollte. So interpretierte ich zumindest die Ansage "Jetzt rechts abbiegen." Das kam mir dann doch etwas seltsam vor und ich fuhr daran vorbei. Weiter ging es die kopfsteingepflasterten Straßen entlang an wunderschönen Fachwerkhäusern und St. Stefan vorbei, auf die Burg zu und hinunter zur Elbe. Ich war beeindruckt von dieser wunderschönen Altstadt, der Melange aus leuchtend roten Backstein Bauten, kunstvoll verziertem Fachwerk, dem Blick auf Elbe und Tanger. Zu gerne wäre ich aus dem Wagen ausgestiegen und hätte einen Spaziergang am Wasser entlang und zur Burg hinüber gemacht. Doch ich hatte eine Verabredung. Mit dem Pfarrer der Gemeinde, der extra auf mich wartete.

Ich fuhr zurück in die Altstadt und fand einfach den Weg zum Pfarrhof nicht. Nachdem ich wenigstens einen Parkplatz gefunden und meinen Wagen abgestellt hatte beschloss ich zu Fuß meinen Weg zu erkunden und fragte zwei Frauen, ob sie mir weiterhelfen könnten. Sie konnten, nach ihren Aussagen, so einiger Maßen. Eine von ihnen wies mir einen schmalen Weg, neben der versperrten Abfahrt. Zum zweiten Mal an diesem Tag erfuhr ich,

Karl IV
Fragment eines
Wandgemäldes
aus dem Kölner
Rathaus um 1360
das Kopfsteinpflaster für lose Sandalen keinen besonders geeigneten Untergrund für einen Spaziergang abgaben. Umweht vom nach Flussfahrt und alter Geschichte duftendem Wind schwankte ich, umhüllt von flatternden Stoffen, den schmalen Weg entlang und stand plötzlich auf dem fast windstillen Kirchhof von Sankt Stephan. 

Ich stand still, wanderte mit den Blicken über das gebrannte Rot der Mauern der Kirche, an einer großen Kastanie entlang, über die moderne Fassade des Pfarrhauses zu einer dunkelgrünen, von Jahrzenten, vielleicht sogar Jahrhunderten geprägten Holztür. Da stand ich nun, drückte auf die Klingel zum Büro des Pastors, hörte seine Schritte, wie er den Schlüssel im Schloss drehte, streckte ihm die Hand entgegen und sprach ihn mit seinem Namen an.

"Da läge wohl ein Missverständnis vor. Es gäbe keine Wohnung, in der ich übernachten könne." Ich war sprachlos und in meinen Kopf überrannten sich verschiedenste Fragen.

Wie es weiter ging  ist im zweiten Teil zu lesen.
Tangermünde - Die Last der ganzen Welt



Quellen

Stadt Tangermünde
Geschichte und Kultur

Haus der bayrischen Geschichte
Karl IV 

Wikipedia
Karl IV 
 
Gutenberg Spiegel
Grete Minde

Grete- Minde.de
Tangermünde - Ein Spaziergang mit Grete Minde

Wikipedia
Grete Minde 

Ingmars Homepage
Margarete von Minden










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